Chiemgau-Touren mit Birgit sind immer ein Erlebnis – … so auch diesmal.
Angemeldet hatten sich Peter, ein „alter AV-Hase“, Reinhard, ein sportlicher Neuling,
Margaretha und ich, wobei Margaretha mittlerweile schon mehrere AV-Touren aufzuweisen hat. Angekündigt wurde die Tour von Birgit folgendermaßen: „Über Staudacheralm auf den Hochgern,Übernachtung Marquartstein, von Oberwössen aufs Dampfschiff.“ Eine Beschreibung, die, wie sich später herausstellen sollte,Margaretha und mich zu der irrigen Vorstellung verleitete, durch die Nähe zum Chiemsee wäre auch eine nette, kleine Bootsfahrt im Programm. Was wir zunächst zwar als etwas ungewöhnlich für Birgit hielten, bewahrheitete sich aber dann doch in bestimmter Weise, denn während der Tour konnten wir bei ihr einen gewissen Hang, immer wieder „neue“ Wege auszuprobieren, doch bestätigt sehen, wenn auch nicht auf dem Wasser. Also erstmal Treffpunkt donnerstags um 9.00 Uhr am Wanderparkplatz in Marquartstein. Alle erscheinen pünktlich und die Begrüßung fällt wie immer herzlich aus. Birgit gibt kurze Hinweise über das Tagespensum und dann geht’s los über einen markierten, aber noch bequemen Serpentinen-Wandersteig Richtung „Windeck“, einem etwas unscheinbaren Aussichtspunkt, der aber schon das ganze Chiemsee Panorama erahnen lässt. Wir verweilen kurz, und biegen dann nach rechts Richtung Schnappenkapelle ab. Der zunächst etwas unscheinbar wirkende „neue“ Weg, der uns laut Karte und Birgit zwar wie versprochen ans nächste Ziel führen wird, entpuppt sich anspruchsvoller als gedacht. Wir queren einen schütter bewaldeten Hang, der viel Trittsicherheit verlangt. Alle gehen konzentriert, Reinhard mit Birgit voran, ein Knacken von Ästen zeigt an, wo wir besser nicht hintreten. Geschafft!…- Aber Peters Offenheit für „neue“ Wege ist für diesen Tag erschöpft! Das zweite Ziel entschädigt uns voll für die Anstrengung: Die Schnappenbergkirche oder kurz Schnappenkapelle, mit beträchtlichem Umfang für diese Höhe ist ein Bau mit wunderbar schlichter Innenausstattung, wurde 1637-1639 erbaut und ist dem Heiligen Wolfgang geweiht. Wir bitten eine nette Besucherin auf der davor liegenden Plattform mit Bänken erste Gruppenfotos von uns und dem im Tal iegendem Chiemsee zu schießen. Weiter geht’s dann durch den Wald zur Staudacheralm, einer Bilderbuch-Alm vor einer steil aufragenden Felswand mit wunderbar saftigem Schoko-Nuss-Kuchen, was die Laune bei allen beträchtlich steigen lässt. Über einen felsigen, aber doch gut zu begehenden Weg steigen wir die restlichen Höhenmeter Richtung Gipfel Hochgern von 1.150 bis 1748 m auf, unterbrochen nur von einer kleinen Rast zwischendurch. Die letzten Meter vor dem Gipfel bestehen aus ausgetretenen glatten Sandwegen zwischen mageren Grasflächen und allen geht das Herz auf, als wir den Gipfel erreicht haben. Wir können uns kaum sattsehen an dem Bergpanorama, das vom Geigelstein, Wilden und Zahmen Kaiser, bis zu den Schneeflächen des Großvenedigers reicht, eingetaucht in wunderbar blaues Herbstlicht. Nach dem verdienten Gipfelschnaps zeigt uns Birgit noch „unser Dampfschiff“, das sich nicht im Chiemsee, sondern irgendwo hinter der ersten bewaldeten Reihe von Bergkuppen befinden soll. Da wollen wir morgen hin, … wie schön! Vorbei am Gipfelkreuz verlassen wir den Hochgern in Richtung Hochgernhütte in gemächlichem Schritt. Peter und Margaretha fachsimpeln über die vergangene Schwammerlsaison, Birgit und Reinhard über Vorzüge von Schokolade mit hohem Kakaoanteil und restlos zufrieden erreichen wir die wenig besuchte Hochgernhütte, sitzen entspannt in der Nachmittagssonne und genehmigen uns noch ein Weißbier. Nach einem reichlichen, netten Abendessen im Hotel zur Post in Schleching und einer ruhigen Nacht brechen wir am nächsten Morgen gegen 9.00 Uhr wieder Richtung Kleiner und Großer Rechenberg, dazwischen das „Dampfschiff“ auf.
Startpunkt der Wanderung ist diesmal ein Parkplatz in Oberwössen. Auf einer breiten Forststraße geht es zunächst durch einen lichtdurchfluteten herbstlichen Mischwald Richtung Rechenberghütte los. Die lassen wir aber zunächst noch „links“ liegen und suchen auf den oberhalb gelegenen ausgedehnten und immer noch beweideten Almwiesen eine Abkürzung, die zum „Kleinen Rechenberg“ führen soll. Birgit erinnert sich, diese Strecke früher mit ihrer Mutter gegangen zu sein. Also trotten wir alle in einer Reihe gemächlich über die Wiese Richtung naher Waldrand, um dort die „Eintrittspforte“ zu suchen, als plötzlich der gesamte Tross durch einen Aufschrei von Margaretha zum Stoppen kommt. Alle wenden sich besorgt in Richtung Margaretha, die jetzt freudestrahlend auf den Boden zeigt. Was war los? Ein Bild von einem Steinpilz, kerngesund mit dicker Kappe steht da, umrahmt von zahlreichen nicht essbaren Pilzen und wir alle bis auf Margaretha und Peter, ihr folgend, sind daran vorbei marschiert! Wir müssen alle lachen. Margaretha muss sich jetzt etwas die Neckerei gefallen lassen , dass sie zwar anfangs nicht auf dem „richtigen Dampfer“ war, aber im Schwammerlsuchen ist sie ein Ass. Der Steinpilz wird von Peter chirurgisch fachgerecht entfernt und in Margarethas Rucksack verstaut. Hinter der Abzäunung finden wir auch gleich den Aufgang zum Kleinen Rechenberg, unserem ersten Gipfelziel mit einer Höhe von 1466 m. Auf einem schmalen Waldweg geht es nach oben, vorbei an zahlreichen Ameisenhügeln, die sich dicht an den Wegrand drängen. Oben angelangt sitzen wir nebeneinander aufgereiht auf einer Art Felskante, essen und genießen die Aussicht, begleitet von einigen mitgereisten Ameisen. Mit Spannung erwarten wir nun die Felsformation „Dampfschiff“ Der Weg dahin führt zunächst auf einem schmalen Pfad über eine kleine steile Wiese talwärts und dann quer zum Hang durch einen Mischwald. Zwischen den Bäumen kommt immer mehr Fels zum Vorschein und schließlich stehen wir am Fuße einer Felsformation, die wirklich wie der Bug eines Schiffes in den Himmel ragt. Birgit kann meine anfänglichen Bedenken zerstreuen und wir klettern alle nacheinander aufs „Schiff“, das oben am Gipfel nur die zerklüftete Fläche eines Zimmers bietet. Nach einem Gipfelfoto und einem Blick auf unser nächstes Ziel verlassen wir diesen wundersamen Ort in Richtung „Großer Rechenberg“, der mit 1366 m seltsamerweise niedriger als sein „Kleiner“ Namensbruder ist. Dort angelangt bewundern wir das neue Gipfelkreuz und lassen uns von der Herbstsonne wieder etwas verwöhnen. Schließlich geht es dem Endziel entgegen, der „Rechenbergalm“, wo wir bei gepflegtem „Almambiente“ nochmal gemütlich zu Kaffee und Kuchen einkehren und Peter noch eine Runde Bergwacht-Schnaps ausgibt. Ein zusätzliches Highlight bieten Paragleiter, die etwas oberhalb gelegen ihre Startmanöver ausführen, sich in die Höhe schrauben und dann sacht als kleine Pünktchen am Himmel entschwinden. Es ist bereits Nachmittag, als wir diesen schönen Ort wieder talwärts verlassen müssen. Eine gut gelaunte, lustige Gruppe, das allerschönste Herbstwetter und wunderbare Ziele! Was will man mehr? Birgit sei Dank und bis bald mal wieder!
Text: Ingrid Wirsich
Fotos: Teilnehmer